Um die Welt

„Wollt ihr eigentlich immer noch um die Welt?“

Diese Frage ist eine, die uns häufiger gestellt wird. Die Antwort darauf ist einfach, aber fällt etwas länger aus. Fangen wir deshalb mit einem Rückblick an und wie es überhaupt zu der Idee gekommen ist, die Welt mit einem Segelboot „unsicher“ zu machen:

Wir haben irgendwann im Sommer 2009 entschieden, dass wir langfristig ein wenig mehr von der Welt sehen möchten, als mit Jahresurlaub und Hamsterrad drin ist. Einen Ausstieg aus der Gesellschaft hatten wir allerdings nicht geplant. Wir waren nicht grundsätzlich unzufrieden in Deutschland, im Gegenteil. Aber es gab bei uns beiden eben den starken Drang, möglichst viel von unserer Erde selbst zu entdecken. Im Prinzip ein Kindheitstraum, den wahrscheinlich viele Menschen haben.
Dieser Drang war irgendwann so groß, dass wir angefangen haben unser Leben entsprechend umzustrukturieren. Ballast wurde abgeworfen, Zeit die plötzlich da war wurde genutzt, um ein altes Boot zu restaurieren.
Dabei hatten wir überhaupt keine Ahnung von Segelbooten. Schoten, Fallen, Wanten, alles Fremdwörter für uns. Wir haben gelesen, gewerkelt, Fehler gemacht, dazu gelernt.
Irgendwann hatten wir ihn dann in der Tasche, den ersten Segelschein. Das Boot war fertig restauriert, jeder Cent der übrig war kam ins Sparschwein. Mit SHAMU, unserem kleinen 6,5m Segelboot, machten wir den Rhein unsicher. Da lief die Suche nach dem nächsten Boot bereits auf Hochtouren.

Die allererste Fahrt auf dem Rhein mit Shamu.

Wir haben lange gesucht und sind im Oktober 2012 schließlich in Freiburg a. d. Elbe fündig geworden. Ein 8,90m Kimmkieler mit dem Namen EOS stand dort in einer überdachten Halle. Liebe auf den ersten Blick! Jetzt standen die Zeichen auf Fahrtensegeln. Uns war ganz schön mulmig zumute. Sollen wir das wirklich machen?
Erstmal wollten wir EOS im folgenden Frühjahr zu uns an den Niederrhein holen. Quer durch Deutschland, von der Elbemündung nach Hamburg, über Kanäle und den Rhein, ging die Tour und war für uns schon ein echtes Abenteuer.

Überführungsfahrt mit Eos.

Es folgte ein Umbaumarathon. EOS sollte langfahrttauglich werden. Wir kamen gut voran und sind, ein Jahr eher als geplant, mit weichen Knien gestartet.
Das war am 08.06.2014 in Rees. Zu dem Zeitpunkt hatten wir 3 Jahre Segelerfahrung, allerdings ausschließlich auf Binnengewässern!
Trotzdem hatten wir die bekloppte Idee, mit EOS raus aufs Meer zu fahren und um die Welt zu segeln. Rückwirkend betrachtet, völlig irre!
Allerdings war diese Naivität auch von Vorteil. Hätten wir geahnt, wie schwierig das Fahrtensegeln manchmal sein kann und hätten wir alles in kleinen Schritten vorher ausprobiert, dann hätten wir vielleicht nie den Absprung gewagt.
Im Juni 2014 waren wir aber frei von Allem. Wir hatten alles verkauft, unsere Jobs gekündigt und den Wohnsitz in Deutschland abgemeldet. Also, raus auf die Nordsee! Zwei Wochen später, hinein in den Ärmelkanal. Als wir die Biskaya erreicht hatten, wurde uns klar, dass wir noch nicht bereit für eine Überquerung sind. Wir kamen bis dahin zwar gut auf See zurecht und haben viel dazugelernt, sind aber fast immer Seekrank gewesen.
Also ging es zunächst weiter an der französischen Atlantikküste entlang nach Süden. 4 Monate haben wir in dem Jahr an Bord gelebt und sind zusammen 900 Seemeilen weit gesegelt.
Dieses Leben hat uns extrem gut gefallen!

Mit Eos in der Biskaya.

2015 ging es mit EOS nur ein kurzes Stück weiter durch die Biskaya. Wir hatten schwieriges Wetter und haben Fehler auf See gemacht. Danach hatten wir absolut keine Lust mehr weiter zu segeln.
Wir haben unser Segelboot schließlich im Hafen gelassen und sind spontan knapp 1.400 Kilometer auf dem Jakobsweg bis Santiago de Compostela gepilgert.

Auf dem Jakobsweg.

Im Jahr darauf ist Nico mit EOS über den Canal du Midi zum Mittelmeer und anschließend über Rhône und Rhein zurück nach Rees gefahren. Eine Tour über 2.200 Kilometer und fast 300 Schleusen!

Nach dieser Fahrt wollten wir EOS verkaufen und auf ein anderes Segelboot sparen. Doch es kam mal wieder ganz anders als geplant. Ein Freund hat uns auf jemanden aufmerksam gemacht, der vielleicht sein Boot mit uns tauschen würde. Es folgte ein Treffen mit dem Eigner des anderen Boots in Rees bei EOS und ein paar Wochen später ein weiteres Treffen in Kilada, Griechenland. Dort stand NOMADE (die wir später in MORGENSTERN umgetauft haben), ein Segelboot, so wie wir uns das seit langer Zeit vorgestellt hatten. Zwar musste einiges an Arbeit und Geld investiert werden, aber die Basis war genau so, wie wir das wollten. Wir haben getauscht und waren plötzlich Eigner einer Stahlketsch, die restauriert werden musste.

Zwei die sich freuen.

Nomade im Boatyard in Kilada.

Nomade vor Anker in Griechenland.

2017 war deshalb geprägt von einer längeren Trennungszeit. Sabrina hat in Deutschland als Erzieherin gearbeitet und Nico in Griechenland am Schiff. Anders war es organisatorisch und finanziell nicht machbar. Ein längerer gemeinsamer Urlaub an Bord war trotzdem drin. Das „Team Sonnensegler“ wurde in dem Jahr auch durch ein weiteres Crewmitglied verstärkt, unseren Hund Filou. Filou wurde von Nico im Winter in Griechenland als Streuner gefunden.
Das Jahr war aber nicht nur von Restaurationen geprägt. Nico hat MORGENSTERN im Sommer und im Herbst insgesamt 1000 Seemeilen über einen kleinen Schlenker ins Ionische Meer, bis in die Türkei, nach Istanbul gesegelt.

Im Jahr darauf folgte ein Einhandtörn durchs Schwarze Meer und anschließend weiter die Donau hinauf, über Main und Rhein bis nach Rees. Eine spannende Reise durch 9 Länder und viele Flusskilometer gegen den Strom.

In 2019 steht die Restauration des Schiffs im Vordergrund…

Anfangs waren unsere Reisepläne immer ganz präzise, im Laufe der Zeit haben wir jedoch gemerkt, dass sie sich selten exakt so verwirklichen lassen. Zu viel Unvorhersehbares kann passieren, wenn man lange unterwegs ist und oft bemerken wir erst unterwegs, dass hier oder da interessante Alternativen existieren, die entdeckt werden wollen.
Mittlerweile haben wir uns darauf eingelassen. Wohin die Reise also langfristig geht, wissen wir nicht. Nur eins wissen wir, dass wir so lange und so oft es geht unterwegs sein wollen.

Also zurück zur Frage:

Ja, wir wollen immer noch um, durch, über die Welt reisen. Nur eben nicht mehr, wie ursprünglich gedacht, in 2,7 Jahren entlang der Barfußroute mit exakt geplanten Wegpunkten. Es wird vermutlich eher ein chaotischer, langer Track auf der Karte werden, der nicht nur mit der Segelyacht allein zustande kommt…

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