Quer durch Frankreich

Urlaub! Endlich! Endlich mal wieder etwas gemeinsam unternehmen, nach der langen Zeit, in der Sabrina, Filou und ich getrennt waren.
Da aus der Urlaubsfahrt mit Nomade wegen des Niedrigwassers ja nichts wurde, haben wir uns kurzerhand entschieden mit den Rädern auf der Eurovelo 6 ein Stück durch Frankreich zu fahren. Die Eurovelo 6 ist ein Radwanderweg, der vom Schwarzen Meer zum Atlantik führt und einen ganz kleinen Teil davon kannte ich bereits. Vor 2 Jahren, als ich mit EOS im Rhein-Rhône-Kanal festhing, bin ich ein Stück auf diesem Weg zusammen mit Michael von der WHITE HEAVEN geradelt. Ich weiß noch genau, wie ich damals gesagt habe: „Hier würde ich gerne mal irgendwann zusammen mit Sabrina entlang fahren.“

Aus dem „irgendwann“ ist dann eben dieser Urlaub geworden. Eigentlich viel zu knapp, was die Vorbereitung angeht, zumal ich wenige Tage vorher damit begonnen hatte, ein Fahrrad aus Bambus zu bauen und parallel dazu unsere Mountainbikes wegen eines Versuchs zu E-Bikes umgebaut hatte. Allerdings war nichts richtig fertig, die Räder teilweise zerlegt, Chaos pur. Sabrina und ich hatten also ganz gut zu tun, um alles unter einen Hut zu bekommen. Aber es hat mit ein paar Nachtschichten geklappt. Die Testfahrten habe ich dann tatsächlich immer Nachts gemacht und am 29. Juli waren wir unterwegs mit Sabrinas Renault Modus. Das Auto hat einen ziemlich interessanten Fahrradträger, der ohne den „Umweg Anhängerkupplung“ direkt mit der Karosserie verbunden ist. Entsprechend angenehm ist das Fahrverhalten mit den Rädern am Heck. Kein wippen, kein rappeln…
Filou hat die knapp 600 Kilometer bis kurz vor Basel überwiegend verschlafen. Er fährt mittlerweile richtig gerne Auto. Bequem hat er es auch. Ihm steht die gesamte Rücksitzbank zur Verfügung. Die Bank selbst ist allerdings noch mit einer gepolsterten Unterkonstruktion aus Multiplex eingeebnet. So hat er erstens mehr Liegefläche und liegt zweitens nicht schräg. Auf der Fahrt nach Dänemark im letzten Jahr ist ihm nämlich durch die blöde Liegeposition mal ein Bein eingeschlafen. Danach habe ich das Auto entsprechend umgebaut. Einen Gurt braucht er nun auch nicht mehr zu tragen, dafür ist jetzt ein Fangnetz verbaut.

Filou wird immer neugieriger auf Wasser…

Schön hier.

Als wir in Lörrach, kurz vor dem Dreiländereck, ankamen waren wir entsprechend entspannt. Nur die Hitze hat uns zu schaffen gemacht. Trotz Tarp und Schatten der Bäume ging bei deutlich über 30°C nicht mehr viel. Nachdem unser Basislager stand haben wir Siesta gemacht. Filou ist als Grieche ja hohe Temperaturen gewohnt, aber man hat gemerkt, dass ihm die Hitze ebenfalls zu schaffen macht. Im Wetterbericht für die Region wurden die vorhergesagten Temperaturen der nächsten Tage noch dazu täglich nach oben korrigiert. Als am Abend für den übernächsten Tag satte 38°C gemeldet waren, haben wir den Plan, die 350 Kilometer auf der Eurovelo 6 zu radeln, gekippt. Eigentlich wollten wir das Auto in Lörrach stehenlassen und bis Chalon-sur-Saône ausschließlich radeln und auf Campingplätzen übernachten. Bei solch hohen Temperaturen wäre das für uns und vor allem für Filou aber zu riskant gewesen. Er sitzt zwar die meiste Zeit im Hundeanhänger, aber auch der heizt sich trotz Belüftung auf. Über Asphalt kann man bei so einer Hitze auch keinen Hund mehr laufen lassen…
Also haben wir nach einer heißen Nacht (nicht was ihr jetzt denkt) am frühen morgen das Zelt abgebaut und bei Eckhard & Annemarie in L’Isle-sur-le-Doubs angerufen. Den beiden gehört ein Hotel am Rhein-Rhône-Kanal und der ein oder andere erinnert sich vielleicht an die Geschichten, die ich vor 2 Jahren erzählt habe. Damals lag ich wegen des Erdrutsches fast 3 Wochen direkt vor ihrem Hotel.
Wir wollten die beiden sowieso besuchen und eine Nacht dort bleiben und so sind wir kurzerhand mit dem Auto am Kanal entlang nach Westen gefahren, haben an einigen Stationen angehalten und uns die Orte angeschaut, die ich mit EOS damals besucht hatte. Ich wollte Sabrina unbedingt die weißen Bisamratten in Kembs zeigen. Von denen war sie damals ziemlich begeistert. Gefunden haben wir sie diesmal leider nicht. Wahrscheinlich war es ihnen auch zu heiß.
Also sind wir klimatisiert weiter, bis zum Hafen in Montbeliard. Dort haben wir etwas gegessen und sind ein schattiges Stück Eurovelo entlangspaziert.

Dann wieder weiter, bis wir am frühen Nachmittag schließlich dort waren, wo ich anscheinend nur bei Extremwetter lande, in L’Isle-sur-le-Doubs! Vor 2 Jahren der nasseste Sommer seit Generationen, diesmal der heißeste Sommer seit langer Zeit. Aber ich war froh, wieder hier zu sein. In dieser Gegend habe ich mich trotz des vielen Regens damals immer wohlgefühlt. Eine spannende und auch manchmal angespannte Zeit war das, als ich mit Michael wochenlang dort festhing und niemand uns sagen konnte wann es weiter geht. Aber trotz aller Schwierigkeiten war es eine unglaublich gute Zeit!
Und nun bin ich wieder hier. Ich freue mich riesig, Eckhard und Annemarie wiederzusehen und Sabrina fühlt sich gleich wie zu Hause. Wir bekommen ein sehr gemütliches Zimmer im Hotel und sind froh, dass es hier im Haus nicht so warm ist wie draußen.
Am Abend gehen wir zur Schleuse 25 und Filou badet zum ersten Mal in seinem Leben so richtig im Wasser. Er verliert schnell seine Scheu und hat nach einer Weile richtig Spaß daran, im flachen Doubs zu planschen.

Am nächsten Tag sind wir doch noch auf der Eurovelo 6 unterwegs. Wenigstens die Strecke bis Clerval wollen wir fahren und sind deshalb früh losgeradelt. Bevor die Sonne so richtig aufdreht, liegen knapp 40 sehr schöne Kilometer entlang des Kanals und des Doubs hinter uns. Der weitere Tag ist mit Siesta und weiterer Urlaubsplanung am Smartphone ausgefüllt. Da weiterhin keine Abkühlung in Sicht ist, buchen wir kurzfristig für eine Woche ein Apartment, in der einzigen Gegend weit und breit, in der es eigentlich nie zu heiß wird. Schlappe 930 Kilometer weiter westlich, am Atlantik!
Bevor es losgeht, verbringen wir noch einen sehr gemütlichen Abend mit Eckhard und Annemarie. Wir essen gemeinsam und plaudern bis spät am Abend. Es gibt so viel zu erzählen und die Zeit ist eigentlich viel zu kurz.

Als wir am folgenden Tag auf der Autobahn unterwegs sind, ist die Vorfreude riesig. Vor allem sind wir neugierig, wie Filou aufs Meer reagiert und gespannt, ob sich Port Medoc verändert hat!? Oh und dann ist da ja auch noch der Jakobsweg…

Weiter gehts…

Filou verschläft die Fahrt wieder überwiegend und nachem wir in Le Verdon die Klamotten ins Apartment gebracht haben, im Lebensmittelmarkt um die Ecke kurz vor Ladenschluss noch schnell eingekauft haben, geht es auf dem schnellsten Weg ans Meer. An den Strand, an den wir vor ein paar Jahren fast jeden Tag vom Boot aus zu Fuß gelaufen sind. Endlich wieder am Atlantik, endlich wieder in Le Verdon sur Mer!
Ein toller Abend war das, nach der langen Zeit wieder hier zu sein, in der Gegend, in der wir fast einen ganzen Sommer verbracht haben. In Le Verdon hatten wir eine der besten Zeiten überhaupt. Hier gab es Wendepunkte, hier haben wir weitreichende Entscheidungen getroffen. Zufällig sind wir im Sommer 2015 hier mit EOS gelandet, zufällig hier über den Jakobsweg gestolpert…

Und heute Abend sind wir endlich wieder hier, laufen zusammen über die kleine Düne und hören schon von weitem die Wellen brechen bevor wir sie sehen können. Als Filou keinen Asphalt mehr, sondern feinen Sand unter den Füssen hat, ist er plötzlich wie verwandelt. Filou ist sonst die Ruhe selbst. Immer gelassen, oft tiefenentspannt und wenn er mal spielen will, dann kaum länger als eine Minute. Jetzt streckt er den Kopf nach oben, schnuppert die salzige Luft und sprintet nach vorne. Er hüpft vor Freude, tanzt regelrecht umher und trommelt mit den Vorderpfoten auf den Sand. So etwas haben wir noch nie bei ihm gesehen. Er buddelt nicht, er schlägt einfach nur freudig mit den Pfoten auf den Sand, schaut zu uns, schaut zum Meer, wedelt wie irre, hüpft, tanzt, schaut wieder zum Meer. So eine langanhaltende Freude haben wir noch nie bei ihm gesehen. Wir hatten uns ja schon die ganze Zeit gefragt, was er wohl machen wird, wenn er das Meer wieder sieht. Schließlich ist er in Kilada ja direkt am Meer groß geworden, als er noch ein Streuner war. So eine ausgelassene Freude hätten wir allerdings nicht erwartet.

Endlich wieder am Meer!

Als wir am späten Abend wieder im Hotel sind, wissen wir, es war absolut richtig wieder hier her zu kommen.
In den nächsten Tagen lassen wir Filou ganz langsam immer mehr Raum. Was an vielen anderen Orten kaum noch möglich ist, geht hier ganz einfach. Das ist es, was wir in Frankreich unter anderem so sehr lieben. Die Gelassenheit.
Kaum ein Hund an der Leine, kein Gebell, keine Kommandos, kein Stress: „Laissez-faire“

Die Hunde sind hier ganz anders drauf als ich das von vielen Hunden in Zentraleuropa kenne. Sie sind keine zu kleinen Kindern erzogenen Haustiere, die viele Befehle ihrer Herrchen oder Frauchen verstehen, jedoch die ureigene Sprache nicht mehr „sprechen“. Die Hunde hier, sie sind einfach Hunde.
Wäre ich nicht Nico, sondern Filou, hätte ich hier in Le Verdon nach langer Durststrecke wohl folgendes gedacht: „Endlich wieder normale Leute!“

Diese „normalen Leute“ und ihre „normalen Leute“ lassen es zu, dass wir Filou den Raum geben können, den er zuletzt in Kilada hatte, als er noch frei war. Nicht nur Filou freut sich darüber, auch wir sind glücklich, ihn so zu sehen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie das war, als er in Griechenland nach ein paar Tagen bei mir geblieben ist, als er zu meinem besten Freund wurde. Er hätte wieder weggehen können, aber er lag irgendwann den ganzen Tag unterm Boot auf dem kleinen Teppich, den ich dort für ihn hingelegt hatte und hat auf mich gewartet. Er war froh, dass er endlich jemanden gefunden hatte.
Und so wie er damals immer wieder zurück gekommen ist, kommt er jetzt erst recht wieder.

Wassersport!

Schöne Tage sind das, Tage am Strand, Ausflüge mit den Fahrrädern durchs Medoc, mit der Fähre rüber nach Royan, Zeit zum relaxen, Tage auf dem Jakobsweg.
Vor allem sind die Tage hier nicht so heiß wie mitten im Kontinent. Der Wind kommt wie fast immer in der Biskaya von Westen. Saubere Luft, kaum wärmer als das Wasser und als nach vielen schönen Erlebnissen der letzte Abend angebrochen ist, da zeigt sich die Biskaya noch einmal von ihrer seltensten Seite. Sie plätschert leise vor sich hin wie der Mahnensee in Rees bei Windstärke Eins. Null Dünung, Null Windsee!
Wer an diesem Abend zum ersten Mal die Biskaya sieht, wird enttäuscht sein oder sich zumindest wundern. Aber auch so kann sie sein. Ganz ruhig und zahm, wenn auch nur an ganz wenigen Tagen im Jahr.

Als Sabrina, Filou und ich schließlich Le Verdon verlassen, wissen wir: Irgendwann kommen wir wieder hierher…

Alle Fotos bis hier sind übrigens mit Film entstanden. Ich habe diesmal ganz bewusst die GH5 Zuhause gelassen und nur meine alte Canon AE-1 Program und 5 Filme mit auf die Reise genommen. Die Schwarzweißfotos habe ich diesmal selbst entwickelt und ganz schön geschwitzt dabei. Fürs erste Mal bin ich damit zufrieden.

Jetzt zeigen wir euch noch ein paar digitale Fotos, die mit Sabrinas Canon EOS 100D und dem 24mm Pancake entstanden sind. Sabrina hat diesmal ganz bewusst nur diese Festbrennweite mitgenommen.

Letzter Sonnenuntergang.

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