Es hat geklappt. Ich bin am Dienstag raus aus der Komfortzone in Port Medoc. Und es hat sich ausgezahlt zu warten. Zum einen, weil es bei so einem Törn Sinn macht fit zu sein, zum anderen, weil das Wetter vorher nicht besonders günstig war. Vor allem der Wind wäre absolut suboptimal gewesen, nämlich aus Südost, also gegenan und gegen den Flutstrom. Das hätte keinen Spaß gemacht.
Dienstag hat sich dann der Randbereich eines Azorenhochs breit gemacht und mir konstante 4 Beaufort aus Nordwest und strahlend blauen Himmel beschert.
Die Leinen habe ich ziemlich genau zu Niedrigwasser an Ponton I, Box 44 losgemacht. Nachdem ich im Hafenbüro meine Schlüsselkarte abgegeben und mich verabschiedet habe. „Und, kommt ihr irgendwann wieder?“
Bei der Frage hatte ich nen Kloß im Hals.
Ich hoffe es, dass wir irgendwann wieder nach Port Medoc kommen. Der für Eos vorerst letzte Hafen in der Biskaya, war auch gleichzeitig für uns einer der besten, wenn nicht der Beste. Eine richtig gute Zeit hatten wir hier.
Das Lösen der Leinen ist mir genau so schwer gefallen wie damals in Rees und das will was heißen. Ich war froh, dass keiner sonst an diesem Morgen da war. Kein Bootsnachbar, keine bekannten Gesichter. Das hätte es nur noch schwerer gemacht.
Also Leinen los und zunächst Radeffekt und Wind aufs Heck gegen mich. War aber kein Problem. Der Ableger lief schonmal gut.
Danach habe ich Fender reingeholt und Leinen aufgeschossen. Kurz vor der Hafenmole war alles fertig.
Dass der Mast fehlt, hat man sofort gespürt. Die erste Zeit hatte ich die Windsee und die Dünung noch von der Seite und da ist Eos manchmal deutlich und zackig ins Rollen gekommen. Der Mast bringt da ansonsten ein Trägheitsmoment ins Schiff und das fehlte eben.
Nach einer Weile war ich am Rande des Fahrwassers, hab den Autopiloten eingekuppelt und bis kurz vor Pauillac ist das auch so geblieben.
Dann hatte ich Zeit. Zeit zum Nachdenken und Zeit, um in mich rein zu horchen. Erstaunlicherweise bin ich diesmal nicht Seekrank geworden, absolut überhaupt nicht! Trotz Rollerei, Restdünung und spürbarem Seegang. Dabei hatte ich kein Medikament gegen Seekrankheit genommen, nur mittelmäßig gut geschlafen, war aufgeregt und angespannt. Trotzdem, absolut nichts.
Unter Deck konnte ich mich sonst meistens nie lange aufhalten, ohne dass mir kotzübel wurde, auf diesem Törn war das plötzlich überhaupt kein Problem.
Also hab ich fotografiert, gefilmt, ab und zu den Kurs korrigiert und dem Festland dabei zu geschaut, wie es langsam wieder näher kam. Ansonsten war dort nicht viel los. Ab und zu kam mal ein Baum an uns vorbei geschwommen und bis auf eine Begegnung mit einem Segelkatamaran war an diesem Tag im April niemand unterwegs. Das hat mir gefallen. Nur Eos und ich.
Mit bis zu 9,2 Knoten sind wir am Ende die Gironde hochgeschossen. Und das noch Tage vor Springflut. Fahrt durchs Wasser haben wir dabei etwa 5 bis 5,5 Knoten gemacht. Genau weiß ich es nicht, weil sich das Log verabschiedet hat. Der Gezeitenstrom ist hier wirklich gewaltig.
Am Nachmittag waren wir dann kurz vor Pauillac. Bei immer noch 9 Knoten Fahrt über Grund. Fender und Leinen waren wieder klar und es ging auf die schmale Einfahrt zu. In der Karte sind Eddies eingezeichnet und ich konnte mir bereits denken was mich dort an der Außenseite erwarten wird. Beim eindrehen kurz vor der Mole hatten wir schlagartig den Strom gegen uns. Marschfahrt hat nun nicht mehr ausgereicht, wir wurden weiter nach Süden versetzt. Also Vollgas, den Hebel bis an den Anschlag nach unten und am besten nicht auf den Drehzahlmesser schauen. Der Bukh ist auf einmal lebendig geworden und Meter für Meter hat sich Eos langsam aus dem Fahrwasser geschoben. Wir waren im Hafen. Entspannen, Fahrt rausnehmen, alles genau anschauen. Woher kommt der Wind? Gibt es eine Strömung im Hafen? Oh ja, es strömt ordentlich. Mal hier entlang, mal da entlang. Also vorsichtig, aber nicht zu vorsichtig ran an den Gästesteg. Ich war zu vorsichtig beim ersten mal. Die Strömung hat Eos wieder weggedrückt. Nochmal kurz zurück und mit ordentlich Schub wieder ran. Hat geklappt und ich musste nicht von Bord. Ein netter Mensch hat mir die Leinen abgenommen und geholfen.
Leinen fest nach 27 Seemeilen!
Das war er also, mein erster Einhandtörn. Hätte eigentlich nicht besser laufen können.
Nachdem Eos fest war, hab ich mich noch eine Weile mit dem freundlichen Franzosen, der mir geholfen hat, und noch jemandem, der dazu kam, über die Tour unterhalten. Dann „Au Revoir“ gesagt und bevor ich zurück an Bord konnte stand jemand vor mir und meinte: „Grüß Gott, ich bin der Michael.“
Was danach geschah, wieso Eos in der folgenden Nacht auf Grund saß und warum ich immer noch in Pauillac bin, erzähle ich euch die Tage.