Wenns mal wieder länger dauert

IMG_6159 RhoneMeine Laune am Tiefpunkt, der Bukh am Drehzahllimit, Eos nicht weit entfernt von ihrer maximal erreichbaren Rumpfgeschwindigkeit. Trotzdem schwankt die Anzeige auf dem GPS Navigator zwischen 0.0 und 0.1 kn über Grund! So präsentierte sich mir die Rhône stellenweise am ersten Tag.

Zunächst läuft alles noch ganz gut. Leinen entspannt im Kanal gelöst, die erste große Schleuse zur Kleinen Rhône ohne Wartezeit passiert und in eben diesem ruhigen Flussabschnitt, mit gerade einmal 1,5 kn Gegenstrom, sehr gut bergauf gefahren. Hier bin ich noch mit der gleichen Drehzahl wie im Kanal unterwegs gewesen und kam damit vorwärts.
Vorbei war der Spaß dann ab der Einmündung zur Rhône. Obwohl ich sofort auf die Kurveninnenseite bin, kam ich nur noch mit etwa 1,5kn vorwärts. Meine Idee, den Autopiloten endlich wieder für mich fahren lassen, verworfen. Von Hand so nah wie möglich am Ufer entlang steuern war jetzt angesagt, um nicht auf der Stelle zu stehen.
An einer der Brücken habe ich dann etwa eine Viertelstunde gebraucht, um durch zu kommen, an der nächsten stand Eos bereits 100m davor auf der Stelle. Auf der nicht erlaubten Seite ging es dann doch. Wartezeit an der folgenden Schleuse über 2 Stunden. Das Schleusen selbst ist um einiges leichter als in den kleinen Kanalschleusen, denn hier gibt es Schwimmpoller. Per Funk anmelden (nicht zwingend notwendig), rein fahren, anlegen und mit der Mittelleine festmachen, mehr nicht.
Spät Abends mache ich Eos an einem ungeschützten Ponton quer zur Strömung für 25 € die Nacht fest, ohne Quittung. Aber die Dusche war Klasse. Meine erste, seit… ? Ja, seit wann eigentlich? Irgendwo im Canal-du-Midi hatte ich zuletzt geduscht, danach gab es diesen Luxus nicht mehr. Jene Dusche hier wurde mir vom Hafenmeister auch stolz präsentiert und als Preisargument in den Vordergrund gestellt.

Dieser Start in die Rhône hat mir gründlich die Laune verdorben. Die Pegel fingen nach einer etwa zweiwöchigen, sehr ruhigen Phase genau an dem Tag an zu steigen, als ich in den Fluss abgebogen bin. Zum Glück wusste ich zu dieser Zeit noch nicht, das dieses ansteigen nicht auf ein paar Tage begrenzt war, sondern bis in den Juni weiter gehen würde und dort nach unzähligen Unwettern in halb Europa seinen traurigen Höhepunkt finden sollte…

Also bin ich am nächsten Tag weiter, bis zu einem geschützten Hafen, in einem alten Seitenarm. Dann kam der Mistral. Sturm bei blauem Himmel. Absolut faszinierend, aber auch nur ein zwei Tage lang, dann nervt der Mistral einfach nur noch und macht krank. Hervorgebracht wird dieser berühmte Wind durch ein Hochdruckgebiet auf dem Atlantik und ein Tiefdruckgebiet über Zentraleuropa. Die Gegenläufige Drehung der beiden riesigen Windsysteme führt zu einem starken bis stürmischen Wind, der von Nord nach Süd durchs Rhônetal fegt. Er ist unglaublich konstant, kaum böig und während es rund um die Uhr ununterbrochen stürmt, brennt dabei am Tag die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Er trocknet alles aus. Die Böden und auch die Atemwege der Menschen. Am dritten Tag ist die Luftfeuchtigkeit selbst in der Kajüte im Keller und ich bin erkältet. Bei blauem Himmel und 20°C.

Nach ein paar Tagen ist er endlich wieder weg, der Mistral und ich nutze diese kurze Verschnaufpause, um in den folgenden zwei Tagen den nächsten Hafen zu erreichen. Am ersten Tag komme ich in 13 Stunden 35 Seemeilen weit und mache ziemlich müde an einer Art Stahlgerüst mitten im Strom fest. Beim dritten Versuch gelingt das Anlegemanöver ohne Kratzer. Leinen fest für eine Mütze schlaf, während draußen die Gewitter toben.
Am nächsten Tag ein paar Meilen weiter nach Cruas. Ein richtiger Hafen. Und auch noch der bisher beste, seit ich Port Medoc verlassen habe. Der Hafenmeister ist zwar anfangs ein wenig streng und spricht kein Wort Englisch, dafür ist hier aber alles in einem absoluten Top Zustand zum fairen Preis. Hier trauen sich nicht mal die Enten, auf den Steg zu kacken.

Ich bezahle zunächst nur für zwei Tage und will den nächsten Mistral abwarten. Als der Mistral dann wieder nachlässt kommt das Wasser. Also, noch mehr Wasser.
Mit Eos hätte ich, auch wenn ich wollte, keine Chance bei so einer starken Strömung den Hafen sicher zu verlassen, denn die kurze Einfahrt liegt auf der Außenseite und bereits bei meiner Ankunft hatte das Wasser hier eine so hohe Geschwindigkeit, dass ich Eos nur mit sehr wenig Überschuss an den Untiefen vorbei dort rein fahren konnte.
Also buche ich eine Woche und warte darauf, dass Sabrina mich in ihrem nächsten Kurzurlaub hier besuchen kommt.
Bis dahin repariere ich ein paar Kleinigkeiten an Eos und verbringe die Tage oft an Bord bei meinen neuen Bootsnachbarn Peter & Dagmar.
Die beiden sind mit ihrer Motoryacht hier, kommen gerade aus dem Mittelmeer und warten ebenfalls auf besseres Wetter. Ich habe sie bereits im letzten Hafen kennengelernt. Sie sind auch auf dem Heimweg, müssen allerdings noch etwas weiter nach Norden als ich. Helgoland ist der Heimathafen von Pedas Dream, so heißt das Schiff.

Neben Pedas Dream wirkt Eos doch etwas winzig.

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