Schönes Land trifft schönes Meer

Nachdem vor einigen Tagen Nomade startklar für die Überfahrt nach Italien war, jedoch kein gutes Segelwetter in Sicht, habe ich mir einen Roller ausgeliehen. Bei „Ainos Bicycle Store“ bin ich gelandet und konnte für 20€ einen 150er Roller für einen Tag bekommen. Toller kleiner Laden, sehr netter Besitzer und ein gut gewarteter Roller. Ich war 9 Uhr morgens dort. Wann ich den Roller am nächsten Tag wieder zurück bringen soll, wollte ich wissen. „Egal, wann es dir passt. Ich bin morgen sowieso erst wieder nachmittags da. Wirf den Schlüssel einfach dort in den Briefkasten.“
Typisch griechisch entspannt. Das gefiel mir gleich und so bin ich los, mit etwas Proviant und meinem Reiseführer von 1994 im Rucksack, den ich tags zuvor überflogen hatte.
Das erste mal seit über 10 Jahren kam so etwas wie Motorradfeeling bei mir auf und ich war froh, einen 150er statt der kleinen 50er Roller bekommen zu haben, die man hier sonst für 20€ haben kann. Also ging es nach einem schnellen Einkauf bei Lidl (wenn man schon mal ein Fahrzeug hat) die bergige Straße ins Landesinnere hinauf. Ich wollte unbedingt auf den Ainos, den höchsten Berg der Insel.

Mit dem Roller unterwegs.

Die Straße in Richtung Sami, einem Ort auf der Ostseite der Insel, ist gut ausgebaut. Irgendwann biege ich rechts ab und der Asphalt wird schlechter. Die Strasse ist sehr schmal und führt in Serpentinen immer weiter hinauf ins Gebirge. Erst 500 Höhenmeter, dann 1000 und es wird deutlich kühler. So kühl, das ich trotz Pullover und meiner Offshore Segeljacke fröstel. Ich wünsche mir Handschuhe.

An manchen Stellen der Strecke versperren Kies und Felsbrocken der letzten Erdrutsche Teile der Straße, aber man kommt noch gut daran vorbei. Im Gegensatz zu den Palmen an der Küste stehen hier Pinien und Tannen dicht an dicht. Überall Moos und einzigartige Vegetation. Sogar eine kleine Herde seltener Wildpferde soll es hier noch geben. Ein krasser Gegensatz zur warmen, trockenen, mit Palmen bewachsenen Küstenregion.
Auf den letzten Höhenmetern vor dem Gipfel muss sich der Roller etwas quälen. Man spürt deutlich den Leistungsverlust durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Höhe und hier oben ist es nun richtig kalt. Dann noch ein, zwei Kurven und ich bin angekommen, auf dem Gipfel. 1.628 Meter über dem Meer und das spürt man hier so deutlich wie auf keinem anderen Berg, den ich zuvor besucht habe. Ich stelle den Roller ab und gehe ein Stück auf dem Wanderweg. An einigen Stellen neben diesem Weg geht es fast senkrecht hinunter und mehr als eineinhalb Höhenkilometer unter einem, das Meer. Ein atemberaubender Anblick und mit einem Foto nur schwer festzuhalten!

Die Abfahrt zurück zur Verbindungsstrasse nach Sami lag schnell hinter mir. Es wurde wieder wärmer und nach wenigen Kilometern war ich an meinem nächsten Ziel. Die Tropfsteinhöhle von Drogarati. Eine etwa 150 Millionen Jahre alte Höhle, gespickt mit Stalaktiten und Stalagmiten und von beeindruckender Akustik. Früher wurden hier oft Konzerte gegeben. Heute bin ich völlig allein in dieser großen Höhle. Kein anderer Besucher ist hier. Und das Ende Mai. Die Insel wird zwar von Touristen besucht, allerdings nicht von Massen eingenommen. Ich habe auf meinen Streifzügen nicht eine einzige Bettenburg gesehen.

Und so geht es nach dem Rundgang durch die Drogarati Höhle weiter nach Sami, dem hübschen Küstenort an der Ostseite, mit seinem kleinen Hafen. Hier liegen deutlich mehr Segelyachten als in Argostoli. Ich mache ein paar Fotos und fahre zügig weiter. Der nächste Höhlenbesuch steht auf dem Programm. Die Tropfsteinhöhle von Melissani ist völlig anders als die in Drogarati. Die Höhle ist zum Großteil mit kristallklarem Wasser gefüllt, das Dach bei einem der Erdbeben eingestürzt. So fällt in den ersten Teil Tageslicht ein und illuminiert das Wasser türkis.
Man wird mit einem kleinen Ruderboot durch die Höhle gefahren und ich habe das große Glück, von einem Pärchen aus den Niederlanden begleitet zu werden. Die beiden sind Musiker und geben in der Höhle spontan ein beeindruckendes Minikonzert, vor einer Kulisse, in der vor fast Dreitausend Jahren dem Hirtengott Pan gehuldigt wurde.
Unser Skipper lässt sich kurz darauf nicht lumpen und stimmt gleich noch ein griechisches Volkslied an. Gänsehautfeeling!
Wir wären alle Drei am liebsten im Boot sitzen geblieben und die Runde gleich noch einmal gefahren.

Der unterirdische Bootsanleger in Melissani

Kristallklares, 15m tiefes Wasser in Melissani

Nach dieser Tour in einem der Holzboote, die noch dieselben sind wie in meinem alten Reiseführer, fahre ich weiter an der Küste nach Norden entlang. Vorbei an unzähligen kleinen Stränden, an denen entweder niemand ist, oder ein Pärchen einen ganzen Strand für sich hat. In dem kleinen Küstenort Ajia Evphimia biege ich wieder nach Westen ab, denn der Tag neigt sich bereits dem Abend zu. Ich komme vorbei an beeindruckenden Küstenabschnitten und durch beschauliche Dörfer. So wenig Leerstand, wie hier auf Kefalonia, habe ich bisher in Griechenland noch nicht gesehen. Vieles ist hier noch intakt. Wirtschaft und Tourismus scheinen gut zu funktionieren. Einiges erinnert mich an das Kreta von vor fast 2 Jahrzehnten. Die Menschen sind hilfbereit und entspannt. Keine Streitereien unter den Fischern im Hafen, wie ich es in letzter Zeit oft in anderen Orten mitbekommen habe und kein Palaver. Selbst die (wenigen) Streuner sind hier wieder so entspannt wie in Kilada und im Laden meines Rollervermieters wurde ein ganz winziger von ihnen mit der Flasche gefüttert.

Am Abend bin ich wieder zurück bei Nomade und stelle den Roller nebens Boot. Am nächsten Tag, gegen Mittag, tanke ich die „Maschine“ voll, stelle sie vor den Laden und werfe den Schlüssel zusammen mit einer Kleinigkeit in den Briefkasten. Ich schicke Nico (ja, mein Vermieter hat den gleichen Vornamen wie ich) eine SMS, dass der Roller wieder zurück ist und schlendere gemütlich durch Argostoli in Richtung Brücke.
An einem der Obstläden decke ich mich für knapp 3 Euro mit Früchten für mehrere Tage ein und beobachte danach noch eine Weile die Caretta Caretta Meeresschildkröten an der flachen Brücke zur anderen Seite der Bucht.

Fussgängerbrücke nach Argostoli

Ja, Kefalonia hat es mir angetan und ich denke mir so manches mal, wenn ich als einziger dort stehe und bis zu 8 !!! dieser faszinierenden Schildkröten ihre Runden drehen und das saftige Seegras der Bucht abweiden: „Gut, dass diese Insel noch nicht überrannt wurde.“
Kefalonia tut dieser sanfte Tourismus gut. Das Preisniveau ist inseluntypisch niedrig, vieles noch intakt und mein Reiseführer von 1994 hat ebenfalls noch gestimmt. Die Fotos darin hätten auch von heute sein können. Nur die Palmen in Argostoli sind heute etwas größer als damals.

Dabei habe ich hier nur an der Oberfläche gekratzt. Man könnte wochen- oder monatelang diese Insel im Ionischen Meer erkunden. Könnte die Schildkrötenstrände im Süden besuchen, von denen kaum jemand Notitz nimmt (fast alle fahren deshalb nach Zakynthos), die alten Zeus Tempel und uralte Klöster besuchen oder sich einfach an einen der unzähligen einsamen Strände legen.

Nur allein wird das auf Dauer doch etwas einsam.

Kefalonia, für mich der bisher schönste Ort in Griechenland, den ich entdeckt habe. Und ich hoffe sehr, eines Tages mal zusammen mit Sabrina hier zu sein.

Wie es Sabrina und Filou in Deutschland ergeht, davon erzähle ich euch demnächst. Während ich an diesem Beitrag schreibe, sind die beiden gerade beim Hundezahnarzt.

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