Bulgarien in drei Tagen

Weit war es bis zum ersten Hafen in Bulgarien an diesem 25. April nicht. Etwa 20 Seemeilen, die ich überwiegend unter Maschine, bei Flaute zurückgelegt habe.
Zu meiner Überraschung wurde ich in Tsarevo bereits erwartet. Hafenmeister und Grenzpolizei standen schon an der Pier, als ich noch nicht ganz im Hafen war. Fischer kamen kurz vor dem Anlegen auch noch dazu und jeder wollte beim Festmachen helfen.
Ich glaube, hier habe ich zum ersten Mal das erlebt, wovon ich in den alten Segelbüchern manchmal gelesen habe. Nomade war die Attraktion des Tages und jeder wollte mal schauen.
Ebenfalls hat mich das unkomplizierte Einklarieren überrascht. Der Zoll war zwar nicht im Hafen, aber die Beamten sind innerhalb weniger Minuten mit dem Auto gekommen und alles ging wirklich sehr schnell.
Bevor der Zoll da war, wurde Nomade von der Grenzpolizei inspiziert. Worum es dabei ging war sofort klar und später im Büro konnte ich auch noch ein paar Fragen zum Thema Einwanderung stellen. Einhand aus Süden kommend, mit so einem großen Schiff, war doch etwas ungewöhnlich und so hat die Beamtin eben geschaut, ob alles plausibel ist. Es gibt nämlich auch hier im Schwarzen Meer ab und zu Versuche, Menschen über den Seeweg nach Europa zu bringen und so hatte man Nomade seit längerem auf dem Radar- und AIS Schirm.
Als der Zoll dann mit dem Papierkram (sehr wenig) fertig war, wollten die beiden Beamten auch nochmal an Bord. Dabei ging es eher weniger um Schmuggelware. Ich hatte das Gefühl, ich halte einen kurzen Vortrag über die Reise und die beiden wollten wissen, wie das so ist, auf See.
Gekostet hat das Einklarieren keinen Cent. Lediglich fürs Festmachen musste ich eine kleine Gebühr an den Hafen bezahlen.
Beim Ablegen hatte ich sogar ein schlechtes Gewissen, nicht länger hier geblieben zu sein. Der Hafenmeister war sichtlich traurig, dass ich schon wieder abfahre und die Polizistin kam kurz vorm loswerfen der Leine nochmal zum Schiff, um mir noch einen guten Tipp zum Ausklarieren zu geben.

Aber ich wollte weiter. Weiter nach Norden, das gute Wetter ausnutzen. Die zweite Etappe des Tages war ebenfalls etwa 20 Seemeilen lang. Nach Sosopol bin ich mit Nomade gesegelt. In einen der wenigen Yachthäfen am Schwarzen Meer.
Auf diesem Törn konnten wir dann zumindest etwas segeln, aber der Wind aus Ost war leider noch etwas schwächlich. Also lief der Volvo zur Unterstützung mit.

In der Marina in Sosopol war nichts los. Ein wirklich großer Hafen ist das, aber kaum ausgelastet. Vielleicht 10% Belegung im Wasser. An Land dagegen war kaum noch Platz für Boote. Ein paar schicke Yachten wurden hier geparkt, aber ein großer Teil der Boote hatte die besten Zeiten bereits hinter sich.
Den nächsten Tag habe ich dazu genutzt, die Stadt ein wenig zu erkunden. Wirkich urig und hübsch, dieser Ort, mit seinen uralten Häusern und den gemütlichen Menschen.
Was mir nach der Türkei sofort aufgefallen ist, hier leben fast nur ältere Menschen. Die jungen Leute suchen ihr Glück in anderen Ländern und Oma und Opa bleiben offenbar hier.
Meine Türkischen Lira konnte ich in einer Bank problemlos in Bulgarische Lew umtauschen, eine SIM Karte für den mobilen Router gab es auch unkompliziert.

Einen weiteren Tag später wollte ich ein Stück weiter. Eigentlich nur bis Sweti Vlas. Aber das Wetter war so gut, dass ich nach einer Weile auf See das Ziel geändert habe. Warna sollte es nun sein. 50 Seemeilen waren es bis dort und da der Autopilot an diesem Tag mal etwas länger am Stück fehlerfrei gesteuert hat, war ich auf Höhe Warna noch relativ fit. Also nochmals das Ziel geändert, auf Balchik, nördlichster Port of Entry in Bulgarien!
Leinen fest, nach 65 Seemeilen in einem wirklich hübschen Küstenort, in dem man eigentlich ein paar Tage bleiben müsste.

Nomade in Balchik.

Bei meiner Ankunft kamen gleich ein paar Leute zum Steg und haben beim festmachen geholfen. Zum erkunden der Stadt blieb leider keine Zeit, denn ich wollte am nächsten morgen so früh wie möglich weiter.
Dieses Wetterfenster war einfach unglaublich. Ich hatte das Wetter im Schwarzen Meer bereits seit letztem Jahr im Sommer beobachtet und einiges darüber gelesen. Normalerweise ballert es hier fast nur aus Nord, dazu setzt ein permanenter Strom ebenfalls aus Nord. Stürme kommen im April auch ab und zu vor und insgesamt betrachtet ist das Schwarze Meer ein raues Meer. Vielleicht ein bisschen vergleichbar mit der Nordsee.
Und jetzt? Jetzt gibt es hier seit Tagen dieses Hochdruckgebiet, als wäre es festgenagelt. Sowas von stabil, wie es nur selten vorkommt. Jeden Tag blauer Himmel, Wind aus Ost, maximal 4 Windstärken, manchmal auch eher zu schwach und wenig Dünung. Das muss man natürlich ausnutzen.

Also bin ich am 28. April früh raus aus der Koje, hab mein Faltrad aufgebaut und bin zur Grenzpolizei geradelt. Ich glaube, ich hatte kurz den Mund offen stehen, als ich dort „Guten Morgen“ gesagt habe. Zu mehr bin ich nämlich nicht gekommen. Der Beamte meinte unmittelbar danach: „Guten Morgen, sie sind also der Segler aus Istanbul?!“
Es hatte sich also bereits herum gesprochen. Das ich Ausklarien wollte, brauchte ich auch nicht zu sagen. Ich sollte nur mit zur Kaimauer kommen und schauen, ob ich für die Überprüfung des Schiffs dort gut Anlegen kann.
Die Mauer war ziemlich hoch und mit großen Reifen in ungünstigem Abstand für Hochseefrachter vorgesehen.
Bevor ich viel sagen konnte hieß es: „Ach, vergessen wir das. Machen Sie ihr Schiff fertig, sobald ich die Papiere fertig habe, komme ich mit dem Auto zum Yachthafen!“

Ich war positiv überrascht.

Wenige Minuten nachdem ich das Faltrad verstaut und Nomade vorbereitet hatte, stand der Grenzpolizist an Bord und hat sich interessiert auf Nomade umgeschaut.
Leinen hätte er auch noch los geworfen, aber das konnte ich nun wirklich alleine. Und so ging es viel früher los, als ich erwartet hatte und noch bevor die Stadt so richtig wach war, lag der Hafen von Balchik im Kielwasser.

Rumänien, wir kommen…

Kommentare sind geschlossen.