Eigentlich sollte meine Einhandfahrt mit Nomade in Kelheim oder Umgebung zu Ende sein. Wer ab und zu mal auf unserer Facebook-Seite vorbei geschaut hat, wird mitbekommen haben, dass ich für Nomade allerdings keinen einzigen normalen Liegeplatz bekommen habe, seit ich in Deutschland bin. Die Gründe dafür waren vielfältig. Oft nachvollziehbar, weil zu flach, oder zu eng, manchmal auch nicht, bis hin zur Ablehnung von Segelbooten grundsätzlich.
Geschlafen habe ich jeweils immer ein paar Stunden an Schleusen oder Spundwänden. Auch dort war ich jedoch selten Willkommen. Ich musste viel diskutieren, wurde manchmal weggeschickt. Deggendorf war eine Ausnahme. Hier war ich beim WSA sehr Willkommen, man hat mir sogar die Gebühr für die Übernachtung erlassen. Leider war der Hafen recht flach und wegen des niedrigen Pegels hatte ich am Morgen meiner Abfahrt in Richtung Regensburg nur noch 10cm Wasser unterm Kiel.
Durch dieses vorletzte Stück Donau bin ich so gerade eben gekommen. Viel Wasser war dort nicht mehr. Am Vortag bin ich bei einer Begegnung mit einem schnellen Frachter innerhalb der Fahrrinne sogar auf Grund gelaufen, in dem Moment, als der Dicke das Wasser weggezogen hat.
Letztendlich war es mein Fehler, aus Unerfahrenheit in diesem schmalen Abschnitt. Ich hätte eben nicht gedacht, dass der Pegel während der Vorbeifahrt so drastisch sinken wird. Bei nachfolgenden Begegnungen habe ich mich deshalb mit den Frachtern manchmal abgesprochen und meinen Tiefgang durchgegeben. Dann haben sie entweder kurz gewartet, ich habe gewartet oder sie sind deutlich langsamer gefahren. Wirklich sehr rücksichtsvoll.
Die SVETI DIMITAR ist mir auch nochmal kurz begegnet. Das war eine Freude! In dem Moment wäre ich am liebsten umgedreht und mit den Jungs wieder runter nach Bulgarien gefahren.
Ja, ich bin nach den Erfahrungen in all den anderen Ländern ein wenig enttäuscht von der Gastfreundschaft auf der Donau in meinem Heimatland. Es gab Ausnahmen, keine Frage. Ich habe auch sehr nette Menschen getroffen, wie zum Beispiel Wolfgang & Evi, mit denen ich in einer Schleuse hochgefahren bin und die in Regensburg dann zu mir gekommen sind, um zu schauen ob ich etwas brauche.
Auch haben sich manche Hafenmeister wirklich bemüht. Der Wille war also so manches Mal da. Die Infrastruktur und die vielen Verbote sind allerdings von allen Ländern am Fluss hier am unangenehmsten für mich gewesen. Die Steganlagen oft filigran, manchmal in schlechtem Zustand, kaum Klampen oder Poller vorhanden, viel zu lange nicht mehr ausgebaggert, aber trotzdem wurden teilweise Preise aufgerufen, die passten eher zu Luxusmarinas in Südfrankreich oder der Türkei. Die Marina Saal im Industriegebiet von Kelheim hätte Nomade als einzige weit und breit übrigens tatsächlich für einen Monat (eher widerwillig) aufgenommen. Dafür hätte man dann gerne (Achtung, festhalten) 820 € gehabt!
Der Funkverkehr war für mich hier ebenfalls oft schwieriger als in Fremdsprachen woanders. Was da so mancher Schleusenmeister in hartem Dialekt in den Bart gemurmelt hat, war eine Katastrophe. Ich habe nix gegen Dialekte, im Gegenteil, ich mag das Bayerische sehr, aber auf UKW muss das nun wirklich nicht sein.
Die Ansagen der Revierzentrale waren ebenfalls oft unverständlich, weil man den Menschen abgeschafft und gegen eine Computerstimme ersetzt hat. Schrecklich.
Aber egal. Die Donau lasse ich mir davon nicht vermiesen!
Nomade hats geschafft! Sie ist so gut wie oben. Ich liege seit gestern Abend vor der Schleuse Bachhausen im Main-Donau-Kanal. Damit ist die Fahrt gegen den Strom beendet. Seit Tuzla liegen 1.533 Seemeilen, beziehungsweise 2.840 Kilometer über Grund im Kielwasser. Durchs Wasser waren es vermutlich 1 Drittel mehr. Werde ich vielleicht irgendwann mal ausrechnen. Wobei, was spielt das schon für eine Rolle!?
Morgen geht’s ein letztes Stück hoch. Dann fahren wir mit der Schleuse in die Scheitelhaltung, auf exakt 406 Meter über dem Meer. Dieses Stück Kanal ist der höchste Punkt in Europa, den man mit einem Schiff erreichen kann. Der Volvo atmet quasi Höhenluft!
Und Nomade hats geschafft! Hab ich schon gesagt, ich weiß.
Wir sind viel früher hier, als gedacht, viiieeel früher. Ich freue mich riesig!
Und jetzt?
Jetzt haben Sabrina und ich beschlossen, dass ich bis Wesel Einhand durchfahren werde. Alles andere macht keinen Sinn für uns. Der erste einigermaßen vernünftige Platz, um Nomade für ein paar Wochen zu parken und die Reise ab Ende Juli gemeinsam fortzusetzen, wäre fast am Ende des Kanals.
In Sabrinas Urlaub können wir dann besser woanders hin fahren…
Also auf nach Wesel!
Inspektion hab ich heute erledigt. Sieht alles gut aus. 90 Liter Diesel konnte ich ebenfalls mit dem Fahrrad von der Tanke holen und die Strecken- und Törnplanung hat ergeben: noch 815 Kilometer und 46 Schleusen bis nach Wesel.
Ich hoffe, die Strecke in etwa 2 Wochen schaffen zu können. Entscheidend wird sein, wie schnell ich durch die Schleusen auf dem Main komme, wie die Versorgung mit Diesel und Nahrung klappt…
Einen Ankunftstermin werde ich deshalb erst in zwei, drei Tagen festlegen, wenn die erste Etappe auf dem Main hinter mir liegt. Dann kann ich das besser abschätzen.
Und die Donau? Ach man, die Donau… Ich hatte kaum Zeit zu realisieren, was alles auf diesem Fluss passiert ist. So viel mehr, als ich hier erzählen konnte…
Ich vermisse die Donau. Beeindruckend, wie vielfältig sie ist, wie sich sich verändert, wie sich die Menschen am Ufer verändern, wenn man auf ihr durch den Kontinent fährt. Viele Wochen war ich fast jeden Tag unterwegs. Habe gesehen und gespürt, wie aus dem großen, breiten Strom ein schmales Flüsschen geworden ist, auf dem selbst Nomade kaum noch Wasser unterm Kiel hatte. Habe bis auf ganz wenige Ausnahmen eine Gastfreundschaft erlebt, wie selten irgendwo zuvor. In Baja (Ungarn) ist sogar ein Artikel in der dortigen Deutschen Zeitung erschienen, über die Segelyacht, die vom Schwarzen Meer kommt und die Donau hoch fährt.
Die Donau, sie war mein großes Abenteuer. Vielleicht eins der letzten Abenteuer, das man in Europa auf dem Wasser noch erleben kann.
Irgendwann will ich da wieder runter, zusammen mit Sabrina und Filou. Und dann überall etwas länger bleiben und all die lieben Menschen besuchen, die ich unterwegs getroffen habe und die mir so oft geholfen haben. Ich hoffe es gelingt eines Tages.