Gestern Nachmittag haben wir die Zeit wieder laufen lassen und die Ankunft von Nomade in ihrem Heimathafen gefeiert.
Eigentlich war ja geplant, dass ich am 7. Juli in Wesel anlege, aber der niedrige Pegel im Rhein hat mich ein wenig unter Druck gesetzt, so dass ich bereits am Montag Abend die Leinen, nach zwei ziemlich langen Etappen über Main und Rhein, in Wesel festgemacht habe. Mal wieder deutlich früher als gedacht.
Und so habe ich zusammen mit meinem Vater in der letzten Woche noch beide Masten gestellt, ein wenig aufgeräumt, geputzt und schließlich die Zeit bis gestern Nachmittag „angehalten“.
Dieses Jahr war alles anders. Ich hatte ein unglaubliches Wetterglück, seit ich Tuzla verlassen habe. Perfektes Wetter am ersten Tag auf See, perfektes Wetter im Bosporus, perfektes Wetter im Schwarzen Meer…
Es gab mal eine Situation in der Donau, da habe ich morgens (eher scherzhaft) vor mich hin geflucht: „Immer dieser Scheiß blaue Himmel.“
Dieser blaue Himmel, der leichte Wind, der mittlere Wasserstand in der Donau, dieses allgemein gute Wetter haben eben dazu geführt, dass ich fast jeden Tag fahren konnte. Und da diese Tour nun mal eher eine Überführungsfahrt war, wollte ich all diese guten Tage so effizient wie möglich nutzen. Ich konnte ja auch nicht damit rechnen, dass sich zwischen dem 22. April und dem 2. Juli nicht ein einziges Mal so richtig mieses Wetter einstellen würde.
In den letzten Jahren war es eher so, dass ich, bzw. Sabrina und ich oft wochenlang irgendwo wegen schlechtem Wetter festhingen. Herbststurm in der Biskaya im Sommer, Jahrhundertregen in Frankreich, alles durcheinander in Griechenland…
Aber dieses Jahr bekam ich all das Pech der letzten Jahre in Form von Wetterglück zurück!
Innerhalb von 71 Tagen sind Nomade und ich 53 Etappen gesegelt, bzw. gefahren. Wir haben 1.986 Seemeilen oder 3.678 Kilometer über Grund zurückgelegt, wurden 71 mal geschleust und sind den weitaus größten Teil der Strecke gegen den Strom gefahren, bis wir im Main-Donau-Kanal schließlich 406 Höhenmeter über dem Meer waren. Danach ging es abwärts und im Rhein habe ich am letzten Tag der Reise schließlich mit 199 Kilometern meine bisher längste Tagesetappe im Binnenrevier hinter mich gebracht. Eine Zahl, die mir erst jetzt so richtig bewusst macht, wie weit ich gefahren bin. Denn, es sind ab Wesel nur wenig mehr als 200 Kilometer über den Rhein bis zum Meer. Nomade könnte also ab jetzt innerhalb eines einziges Tages wieder am Meer sein! Ein sehr gutes Gefühl!
Und noch etwas ist mir erst jetzt so richtig bewusst geworden: Wie enorm zuverlässig diese Suncoast 42 während der 53 langen Etappen durchgehalten hat.
Die Anfänge im letzten Jahr waren zwar schwer, aber nachdem ich nach und nach alles wichtige repariert hatte, hat sie gezeigt, was mit ihr möglich ist. Die Fahrten mit ihr waren ja nicht nur eine Überführung. Es waren Fahrten um heraus zu finden, ob sie das richtige Schiff für Sabrina und mich ist.
Nomade hat sich bewährt und jetzt haben wir sie endlich hier. Nur 3,6 Kilometer entfernt von zu Hause, liegt Nomade nun im Yachthafen Wesel. Hier wird sie eine Weile bleiben, später irgendwann in der Umgebung an Land gestellt werden, um sie umfangreich zu restaurieren.
Bei Nomade braucht man nicht zu experimentieren, das hat sich während der Fahrten mit ihr deutlich gezeigt. So wie sie von der Werft konzipiert wurde, ist sie nahezu perfekt für uns. Wir werden sie zwar komplett überarbeiten, aber bis auf Änderungen im Detail nichts Grundlegendes anders machen. Der Innenausbau ist während all der Jahre mehrfach verändert worden. Dort wollen wir sehr wahrscheinlich eines der Original Layouts wiederherstellen…
Aber langsam. Erstmal steht Sabrinas Urlaub vor der Tür. Den wollen wir auf Nomade verbringen und Filou ein bisschen mehr ans Schiff gewöhnen.
Vergessen hat er Nomade nicht. Er wusste noch ganz genau wo es lang geht und wie er am besten die Treppe runter kommt. Nur eines ist anders. Er ist viel neugieriger als damals in Athen. Dort war er ja auch noch nicht richtig fit und kannte uns kaum.
Heute sind wir zum ersten Mal eine kleine Runde mit ihm durch den Hafen gefahren und das hat ihm sehr gut gefallen.
Das Stegtreffen gestern hat uns sehr gut gefallen. Für mich war es eine Überraschung, da Sabrina sich darum gekümmert hat und ich nicht wusste, wer alles kommen wird.
Sehr gefreut haben wir uns auch darüber, dass tatsächlich einige Menschen dabei waren, die bereits länger hier lesen. Schön, euch mal live zu treffen.
Einen Nachtrag möchte ich an dieser Stelle auch noch kurz machen. Unterwegs hatte ich ja zum Ende hin leider kaum noch Zeit hier zu berichten. Vieles ist also noch gar nicht erzählt. Zum Beispiel der spontane Besuch von Michael, Sandra und dem kleinen Urs im Main-Donau-Kanal. Michael liest seit einer ganzen Weile hier und hat das AIS Signal von Nomade an dem Tag live verfolgt. Kurz nach dem anlegen in einem Bauhafen des WSA waren die drei an Bord. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Worüber ich mich ebenfalls sehr gefreut habe, war die enorme Hilfsbereitschaft des WSA (Wasser- und Schifffahrtsamt). Mehrmals durfte ich in deren Häfen übernachten, obwohl das eigentlich für Sportboote nicht gestattet ist. In die meisten Yachthäfen bin ich wegen der Größe und des Tiefgangs von Nomade leider nicht rein gekommen, da war das WSA eine große Hilfe für mich.
Ebenfalls positiv überrascht war ich von den Hilfsangeboten von euch! Einige Leute haben Mails geschickt und Unterstützung angeboten. Von Tankfahrdiensten über Kuchenlieferung bis hin zu Einladungen zum Grillabend war einiges dabei. Auch wenn ich leider meistens an euch vorbei gefahren bin, weil es einfach nicht anders gepasst hätte: DANKE
Kurz bevor ich den Rhein erreicht hatte wurden Nomade und ich dann sehr gezielt von jemandem fotografiert und kurze Zeit später waren im Posteingang jede Menge Fotos von einem Leser, der ebenfalls auf Nomade gewartet hat. Über diese Fotos freue ich mich riesig, denn Fotos vom Schiff in Fahrt, die nicht an Bord gemacht wurden, bekommt man sehr selten.
Alles zusammen genommen war diese Fahrt von Anfang bis zum Ende also ein voller Erfolg!