Bewegung im Boot

Ein gut erhaltenes Stück Mahagoni an Bord.

Seit ich mit Nomade vor nun fast genau 4 Monaten hier angekommen bin, habe ich wenig über die Restauration des Schiffs und all die Projekte, die damit zu tun haben, berichtet. Auch heute wird das keine ausführliche Abhandlung, aber immerhin ein kleiner Überblick, was so hinter den Kulissen passiert ist und was in Zukunft ansteht.
Von außen betrachtet, sieht es für viele so aus, als geht nicht viel vorwärts. Freunde und Nachbarn fragen mich schon: „Sag mal, was machst du eigentlich den ganzen Tag, man sieht dich ja kaum noch!?“

Manchmal wundere ich mich selbst darüber, wie wenig Zeit übrig bleibt und wie viel Raum das „Projekt Suncoast 42“ mittlerweile eingenommen hat. Videoupdates habe ich schon ewig nicht mehr gemacht, geschrieben auch kaum. Ich gelobe aber Besserung!

Was ich in den letzten Monaten unter anderem gemacht habe sind, Pläne, Zeichnungen und Einkaufslisten. Um einen kleinen Einblick in die Dimensionen zu bekommen, nur ein ganz kleines Beispiel aus einem Plan der Beleuchtung unter Deck: Dort sind aktuell 43 LED Einbaustrahler vorgesehen und ich habe wirklich versucht, damit sparsam umzugehen!
Ansonsten habe ich einiges in der Werkstatt getestet, wieder verworfen, nochmal getestet…
Ein Beiboot ist aktuell in der Entwicklung, fertig geworden sind „nebenbei“ einige Werkzeuge, die für mich an Bord wichtig sind, und die man so nicht kaufen kann. Zum Beispiel, eine Tischbohrmaschine für die Werkstatt an Bord. Alles was man regulär bekommen kann ist entweder zu schwer, zu schwach, zu groß und hat grundsätzlich mal eine ungünstige Betriebsspannung. Also habe ich selbst entwickelt und herausgekommen ist eine Tischbohrmaschine, die mit Brushlesstechnik auf 12V läuft, dabei bis zu 700W Leistung hat, leise ist und auch mit einem 3-zelligen Lipo-Akku befeuert werden kann.
Dann habe ich zwei komplette E-Bikes aus Bambus entwickelt und bereits gebaut. Hier war nicht die Verfügbarkeit das Problem, sondern in erster Linie der Preis. Unter 3.000 € pro Rad, ist kaum ein vernünftiges Bambusbike mit Elektroantrieb zu bekommen.
Warum es unbedingt Bambus sein sollte, ist schnell erklärt: Das Material ist aus meiner Sicht ideal für ein Bordfahrrad. Korrosion spielt so gut wie keine Rolle mehr, wenn man es richtig macht, und das Material kann unterwegs sehr leicht repariert werden. Darüber hinaus steckt es mehr weg als ein Alurahmen der gleichen Gewichtsklasse und ist nicht so empfindlich wie ein reines Carbonrad.
Die Rahmen sind jeweils optimal auf Sabrinas und meine Körpergeometrie abgestimmt und so kompakt wie nur möglich gebaut. Der Radstand ist geringer als bei Standardrädern, die Laufräder haben nur 26“. Das Endgewicht liegt inkl. Steuerung und Akku bei unter 17kg und spielt damit in der gleichen Liga, wie mein altes Faltrad aus Stahl. Dieses Faltrad war auf all den Reisen mit Eos und Nomade mein wichtigstes Transportmittel und hat mich letztendlich auf die Idee gebracht ein vollwertiges Bordfahrrad zu bauen, welches keine Wünsche offen lässt.
Die Testfahrten, die wir bisher mit den Rädern gemacht haben, waren mit einem breiten Grinsen verbunden. Einfach nur geil! Im Moment stehen die Fahrmaschinen erst mal wieder im Keller und werden endgültig wahrscheinlich erst im nächsten Frühjahr fertig werden.
Achja, wo wir schon beim Thema „nicht-ganz-fertige-Projekte“ sind. Filou soll natürlich mitfahren können, wenn wir mit den E-Bikes unterwegs sind. Für ihn befindet sich deshalb ein Anhänger im Bau. Mit der Entwicklung habe ich bereits vor über einem Jahr begonnen, weil einfach nichts optimales am Markt war. Wir haben zwar bereits einen ordentlichen Anhänger für ihn, aber auch damit gibt es immer wieder viele Einschränkungen. Er bekommt nun einen Anhänger, der ebenfalls mit Bambus und Carbon gebaut wird. Hauptrahmen und Schwinge sind bereits fertig und funktionieren sehr gut. Ausgeführt ist der Anhänger als Einspuriger mit einem 26“ Laufrad, eigener Bremse und voll einstellbarer Federung, damit auch schlechte Straßen und unbefestigte Wege kein Problem mehr sind. Wir denken dabei nicht nur an die Reisen mit Nomade, sondern auch an den Jakobsweg, der zusammen mit Filou nochmal möglich sein soll.

Die Räder und den Anhänger stelle ich ausführlich vor, sobald alles komplett fertig ist. Jetzt geht es erst mal mit Nomade weiter.
Was mögliche Orte zum restaurieren angeht, sind wir nun auch ein Stück vorwärts gekommen. Wir waren zwischenzeitlich an der Nordsee und haben uns ein paar Werften angeschaut. Grundsätzlich sind die Betriebe an der Küste alle wesentlich besser aufgestellt als bei uns in der Region. Dort weiß man einfach aus Erfahrung mit Booten umzugehen und die Menschen sind ziemlich locker drauf. Hat uns jedenfalls sehr gefallen.
Ein weiteres Szenario, welches vielleicht auch möglich ist, wäre überwiegend im Mahnensee in Rees zu restaurieren. Nomade würde dafür im Wasser bleiben.
Am Unterwasserschiff muss in der nächsten Zeit sowieso nichts gemacht werden, das habe ich ja bereits in Griechenland und der Türkei überarbeitet. Einige Arbeiten werden trotzdem im Wasser schwieriger, manches so auch nicht möglich, unter anderem aus umweltschutztechnischen Gründen. Wir werden also früher oder später so oder so mal für eine Weile aus dem Wasser müssen.
Ob das bereits im nächsten Jahr passiert, oder noch etwas verschoben werden kann, werden die nächsten Wochen zeigen. Dann nämlich werden wir einen noch besseren Überblick über den Zustand des Stahls bekommen. In den letzten 2 Jahren habe ich zwar keine gravierenden Problemstellen gefunden, aber man weiß ja nie.
Eine Stelle, von der wir zumindest wussten, dass sie undicht ist, liegt im Bereich des Durchgangs an Steuerbord. Dort wurde werftseitig ein riesiger Gastank für 2 große Gasflaschen eingebaut. Der Tank ist aus Stahl, nur von außen zugänglich und wurde seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt. Irgendwann in der Vergangenheit wurde die grundsätzlich gut durchdachte Konstruktion allerdings fehlerhaft überarbeitet. Die Ablaufrinne im oberen Bereich hat man aufgefüllt und nur durch einen flachen Deckel verschlossen. So konnte über viele Jahre Wasser eindringen und hat den Stahlkasten zerfressen. Bei so einem Klima gibt selbst COR-TEN Stahl irgendwann auf und das hat er, wie sich vor ein paar Tagen herausstellte, wohl bereits vor einigen Jahren.
Wasser ist über den Kasten ins Boot gelaufen, hat die Schränke von hinten zersetzt und seinen Weg bis in den Boden gefunden. Der Boden besteht in diesem Durchgang übrigens aus einer Schicht Beton über der Isolierung aus Polyurethan Schaum. Ob der Beton Original ist, wissen wir nicht, es sieht aber so aus, als wäre das erst nachträglich gemacht worden.
Was Original ist, sind die Schränke vor dem Tank, die wirklich sehr schön verarbeitet sind. Ich habe deshalb alles ganz vorsichtig ausgebaut, um es nach der Überarbeitung auch wieder einbauen zu können. Nachdem die ersten Teile entfernt waren, konnte man zum ersten Mal das Ausmaß dieses Wassereinbruchs sehen. Kein schöner Anblick. Viel verrottetes Mahagoni, durch das es sehr schwierig wird, die Möbelteile noch zu retten. Aber ich bin da trotzdem optimistisch!

Was uns am letzten Samstag ziemlich geschockt hat, war eine Wasserpfütze unter dem Beton, als wir dabei waren, das alte Zeug vorsichtig raus zu meißeln. Wer ein bisschen bei Facebook gelesen hat, wird wissen was ich meine.
Letztendlich stellte sich heraus, dass diese kleine Pfütze kein Wasser von unten war, sondern aus einer höher gelegenen (versteckten) Mulde durch den Gastank nach unten gelaufen ist und beim entfernen des Betons einen neuen Weg gefunden hat.

Bis auf diesen kurzen Schreck waren wir ziemlich positiv überrascht, wie gut der Stahl selbst nach jahrelanger Wassereinwirkung aussieht. Er hat an den beschädigten Stellen, wie für COR-TEN üblich, nur eine dünne Rostschicht gebildet. An ein paar Stellen haben die Bootsschreiner beim Einbau der Lattung vor 43 Jahren allerdings die Isolierung bis runter auf den Stahl entfernt und dabei die Lackschicht beschädigt. Aber selbst dort ist nach über 4 Jahrzehnten nur diese hauchdünne Rostschicht, sonst nichts!
Der 2K PUR-Schaum, mit dem das gesamte Schiff isoliert ist, ist übrigens furztrocken und sieht aus, als wäre er gestern erst eingebracht worden! Ich hatte ursprünglich damit gerechnet, hier rotte Stellen zu finden, aber bis auf die beschädigten Stellen braucht man da nichts zu machen. Das ist natürlich eine enorme Erleichterung und sehr wertvoll.
Der Gastank wird übrigens raus fliegen und der Bereich mit einem Stück COR-TEN Stahl zugeschweißt. In Zukunft setzen wir beim Brennstoff für die Pantry auf Petroleum, das hat sich schon bei Eos bestens bewährt.

So langsam kommt also Bewegung ins Boot, nur Nomade selbst bewegt sich nach wie vor nicht. Wir sitzen seit Wochen auf Grund und es ist immer noch kein nennenswerter Anstieg des Rheinpegels in Sicht. Kann man nichts machen…

Das Niedrigwasser hat auch Vorteile. 10 Sekunden Langzeitbelichtung an Bord mit punktförmigen Sternen sind nun kein Problem mehr.

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