Im letzten Winter hatten wir uns dazu entschieden, mal ein kleines Abenteuer zu wagen und als Beiboot einen Heckspiegel-Kanadier, anstatt des sonst üblichen RIB zu kaufen.
Geplant war, diesen Kanadier später einmal hochkant am Heck zu befestigen, anstatt quer an Davits aufzuhängen.
Bei Morgenstern, mit ihrem schmalen Heck, hätte das viele Vorteile. Unter anderem ist die Manövrierfähigkeit im Hafen nicht eingeschränkt, was bei mehr als 14m Länge über Alles immer wünschenswert ist und zum anderen bleibt die Heckleiter und die Badeplattform benutzbar, was Anlegemanöver mit dem Heck zur Pier oftmals überhaupt erst möglich macht und (unter anderem) in Südeuropa an der Tagesordnung ist.
Auf längeren Überfahrten kann der Kanadier dann quer an Deck vor dem Steuerhaus deponiert werden und stört uns auch an dieser Stelle weniger, als ein konventionelles Schlauchboot. Jenes hat uns nämlich bisher immer die Decksluke im Salon verdeckt.
Der einzige für uns relevante Nachteil des Kanadiers war die Kentersicherheit, vor allem, weil Filou ja mit an Bord sein wird und gerne mal neugierig umher turnt.
Um dieses Problem zu lösen, habe ich mich von den Seefahrern aus dem Pazifikraum inspirieren lassen.
Vor etwa 5.000 Jahren wurde im Südchinesischen Meer etwas erfunden, was es den Menschen ermöglicht hat, mit ihren offenen Kanus der unberechenbaren Hochsee zu trotzen und die weite Inselwelt des Pazifiks zu besiedeln:
Das Auslegerkanu
Was sich seit so langer Zeit bewährt hat, braucht man nicht neu erfinden und so habe ich den Ausleger genau mit den Dimensionen gebaut, wie man ihn heute in Polynesien mit modernen Werkstoffen herstellt.
Als Baumaterial habe ich Glasfaser und Epoxidharz gewählt. Der gesamte Rumpf ist einteilig in einer Negativ-/Positivform, nass in nass laminiert. Die Faserorientierung der einzelnen Lagen (Köpergewebe und biaxiales Gelege) wurde optimal auf die Belastungen im Rumpf abgestimmt.
Bei den Auslegerarmen habe ich ein klein wenig anders konstruiert als man es in Polynesien machen würde. Die sind als Parallelogramm entworfen und drehbar in massiven Edelstahlbuchsen im Kanadier gelagert. In Verbindung mit einem Reffleinensystem kann man damit den Ausleger in Sekunden an den Hauptrumpf anklappen. So passt er weiterhin in die kleinste Lücke und der Auf- und Abbau des Systems wird ebenfalls sehr erleichtert.
Mittlerweile ist „Tuktoyaktuk“, wie wir das Boot getauft haben, seit einigen Wochen im Einsatz und macht uns eine Freude, die wir mit einem Schlauchboot so nicht hatten.
Manchmal paddeln wir, manchmal lassen wir uns vom Malstrøm schieben und wenn wir viel Wind haben, träumen wir davon, wie es wäre, wenn Tuktoyaktuk einen Mast und Segel hätte…
Aber dafür ist jetzt keine Zeit! An Bord der Morgenstern liegt nach wie vor jede Menge Arbeit herum.
Ich bin seit ein paar Wochen damit beschäftigt, die Elektrik und den Maschinenraum zu überarbeiten und auf das nächste Großprojekt vorzubereiten.
Momentan läuft das „System Morgenstern“ seit etwa 2 Wochen erfolgreich mit dem neuen LiFeYPO4 Akku. Das Projekt wurde am Ende (mal wieder) viel aufwändiger als zunächst geplant. Ich habe alles, wirklich alles aus dem Maschinenraum ausgelagert, den Kabelbaum entschlackt und erneuert, sowie der Batteriebank, den Sicherungen und Reglern einen eigenen Schrank spendiert. Auch der musste zunächst erst gebaut werden. Daneben haben wir die Solaranlage deutlich vergrößert, auf mittlerweile 700Wp und auch die 230V Stromversorgung wird gerade komplett erneuert und auf 32A ausgelegt.
Noch ist nicht alles endgültig fertig, aber sobald das Chaos der Ordnung gewichen ist, dürft ihr natürlich einen virtuellen Blick auf das neue System werfen.