Der Wechselrichter – Teil 1

Achtung: Dieser Artikel mit seinen 3 Teilen stellt eine Ausnahme dar, denn eigentlich hat das Thema dieses Artikels wenig mit Segeln, Pilgern oder der Restauration unseres Oldtimers zu tun. Aber er hat etwas mit uns zu tun und vielleicht auch mit dem ein oder anderen Leser, der selbst so etwas ähnliches schon erleben musste.

Hatte ich schon erwähnt, dass es in der Garage, in der unser kleiner Oldtimer steht, keinen Stromanschluss gibt?
Ist aber kein Problem, denn ich habe schließlich vor einer Weile für den Malstrøm (unser Elektroaußenborder) einen großen LiFePO4 Akku mit 26Volt und 42Ah Kapazität konstruiert, der ohne Probleme auch ein Schweißgerät befeuern könnte. Man braucht nur einen guten 24V/230V Wechselrichter.

Nach kurzer Suche bin ich auf ein Gerät mit echter Sinuswelle, hohem Spitzenstrom und ein paar nützlichen Zusatzfunktionen gestoßen. Bei einem deutschen Händler war genau dieses Modell nicht mehr verfügbar, also habe ich es kurzerhand bei einem erstklassigen Händler im Land der aufgehenden Sonne geordert. Das ganze gleich noch per Luftfracht und Expressversand, damit ich bald auch mal in der Garage stromern kann. Am 28. August des Jahres 2020 war das.
Vier Wochen später (das Paket hätte spätestens nach 14 Tagen da sein sollen) hat sich dann herausgestellt, dass der Versanddienstleister das ganze verbaselt hat und das Paket endgültig verschollen war.
Der Händler war mehr als zuvorkommend, obwohl völlig unschuldig, und hat die volle Rückerstattung des Kaufbetrags oder einen erneuten Versand des Wechselrichters angeboten. Ich habe dem erneuten Versand zugestimmt und kurz darauf vom Händler die Info bekommen, dass er mir als „kleine Entschädigung“ ein Gerät mit „more power my friend!“ geschickt hat.
Alles gut, sollte man meinen und zunächst lief es auch wirklich gut. Der Inverter war ruck zuck durch den Ausfuhrzoll und kurze Zeit später an Bord der Frachtmaschine. Gerade einmal 4 Tage hat es gedauert, bis das Gerät vom Händler zum Flughafen Frankfurt am Main transportiert wurde.

Ab da fing der Spaß dann an. Anders kann man den Wahnsinn welcher folgte nicht betrachten.

Am 28. September gab die Sendungsverfolgung folgende Meldung aus:
„FLU, Ausnahme – Wir waren nicht in der Lage, Zoll zu löschen“
Kurze Zeit später:
„ FLU, Wir werden/haben Sie per Post, E-Mail oder Fax kontaktiert. Wir brauchen Papiere für den Zoll!“

Am 1. Oktober hatte ich dann Post von einem Unternehmen im Briefkasten, dessen Namen ich hier nicht nennen werde. Sinngemäß wurde mir von diesem „Verwahrer“ mitgeteilt, dass man meine Sendung quasi abgefangen hat und ich nun zwei Möglichkeiten hätte:
1. Viel Geld bezahlen, damit sie für mich den ganzen Kram mit dem Zoll erledigen.
2. Alles selber machen!

Ich habe mich am nächsten Tag, nach langer Recherche am Vorabend, für 2. entschieden. Nicht, weil ich besonders viel Lust darauf hatte, mich mit dem Zoll auseinanderzusetzen, sondern in erster Linie, weil gegen den Verwahrer meiner Sendung diverse Klagen laufen, bzw. gelaufen sind und der Leumund ungefähr dem einer bekannten Einzugszentrale für bestimmte Gebühren entspricht. Das Vorgehen dieser Firma scheint zwar nach derzeitigem Stand rechtens zu sein, eine Sauerei ist das gewerbsmäßige Abfangen und Abkassieren trotzdem.

Also habe ich der Firma mitgeteilt, dass ich die sogenannte Internetzollanmeldung selbst vornehmen werde und sie sich um nichts kümmern brauchen.
Internetzollanmeldung hört sich ja irgendwie total easy und digital an, ist es aber nicht! Ich habe es zwar nach etwa 2 Stunden geschafft, alle Formulare (hoffentlich) richtig auszufüllen und das ganze Gerödel abzusenden, trotzdem musste ich im Anschluss noch alles (in doppelter Ausführung) ausdrucken, unterschreiben und per Briefpost an das Hauptzollamt in Frankfurt schicken.

Schlappe 8 Tage später hatte ich dann wieder Post im Briefkasten. Diesmal ganz offiziell vom ZOLL!

Meine Anmeldung haben sie erhalten. Verzollen und Versteuern darf ich den Wechselrichter allerdings noch nicht. Und nach Hause geliefert bekomme ich ihn auch nicht.
Das Hauptzollamt Frankfurt am Main hat mit dem Schreiben eine sogenannte Zollbeschau angeordnet! Was das bedeutet, ist eigentlich ganz einfach.
Man fordert mich auf, innerhalb der nächsten 8 Tage persönlich beim Hauptzollamt Frankfurt am Main zu erscheinen (Scheiß auf Covid-19) und dort vor den Augen der Vollzugsbeamten das Paket zu öffnen und die darin befindliche Ware vorzuführen!

Was wie ein Scherz klingen könnte, bzw. nach DDR Marotte müffelt, ist bitterer Ernst! Eine Einladung ist das auch nicht, sondern eine staatlich angeordnete Vorladung eines Zollhauptsekretärs oder einer Zollhauptsekretärin!
Im Anhang des Schreibens wird man auch gleich auf die möglichen negativen Rechtsfolgen hingewiesen, wenn man der Vorladung nicht nachkommen sollte.
Es wird zwar in einem Nebensatz auch erwähnt, dass man den Inhalt des Pakets auch durch einen Bevollmächtigten vorführen lassen kann, aber das ist für mich irrelevant. Ich habe weder Freunde noch Familie in Frankfurt, noch würde ich so einen Akt überhaupt jemandem, den ich gut kenne, zumuten wollen, noch habe ich auf die schnelle einen seriösen Anbieter gefunden, der sich auf so etwas spezialisiert hat.

Also habe ich heute morgen mit dem Zoll telefoniert und war überrascht, wie überrascht man dort war, dass ich der angeordneten Zollbeschau nachkommen werde.
Das hat mich irritiert, muss ich zugeben.
Anschließend habe ich mit dem Verwahrer des Pakets telefoniert. Auch dort war man außerordentlich überrascht, dass ich der angeordneten Zollbeschau nachkommen werde, was mich ebenfalls wieder außerordentlich überrascht hat.
Gibt es da etwas, was ich nicht weiß? Sollte mich meine Nase beim Öffnen des Zollbriefs etwa doch nicht getäuscht haben? Ich dachte zunächst für einen ganz kurzen Moment, ich hätte da einen Hauch von Korruption gerochen, diesen Eindruck aber ganz schnell wieder verworfen.

Wir leben schließlich in einer Republik!

Am Donnerstag ist es jedenfalls soweit, dann habe ich um 11 Uhr einen Termin bzw. muss meiner Vorladung beim „HZA Frankfurt am Main, Zollamt Fracht, Abfertigungsstelle LCC, Tor 26, Gebäude 453“ nachkommen und fahre mal eben 520 Kilometer durchs Land, um einen Wechselrichter für ein paar Euro Fuffzich verzollen zu dürfen! Sabrina wird versuchen, einen halben Tag Urlaub zu nehmen, damit wir das alles organisatorisch mit Filou auf die Reihe bekommen.
Ob ich den Wechselrichter dann überhaupt bekomme? Damit rechne ich noch nicht. Im Prinzip ist das Gerät ohnehin bereits zur Nebensache geworden.

Jetzt noch kurz ein paar Hintergrundinfos. Den Wechselrichter habe ich ganz bewusst direkt in China bestellt. Hier in D hätte ich natürlich auch einen kaufen können, aber für den Preis wären das dann Geräte gewesen, bei denen ich mich frage, wie die es im großen Stil überhaupt durch den Zoll geschafft haben, ohne beschlagnahmt zu werden.
Ich selbst kaufe seit mehr als 15 Jahren regelmäßig direkt Waren in aller Welt ein, häufig in China. Zum einen aus rein wirtschaftlichen Gründen, zum anderen, weil gerade im Elektronikbereich (Entwicklung) oft die gesuchten Teile nicht in Deutschland verfügbar sind, zum anderen, weil ich einfach auf Sachen aus aller Welt stehe! Meine Ukulele kommt zum Beispiel direkt von einer Manufaktur aus Hawaii, den Bootsofen unserer Segelyacht haben wir aus Kanada importiert, weil es soetwas hier einfach nicht gibt.
Aktuelles Beispiel: Die Drehzahlsteller für die Elektroantriebe an Bord der Morgenstern. Die bekomme ich in der Ausführung wie ich sie haben möchte nur in China.
In diesen gut 15 Jahren bin ich jedenfalls unzählige Male (vor allem in der Anfangszeit) die kurze Strecke zum Zoll nach Bocholt (ein Nachbarort von Wesel) gefahren, um meine Waren direkt dort abzuholen. Das lief immer alles problemlos.
Heute läuft die Verzollung und die Abgabe der Einfuhrsteuer meistens direkt über den Logistiker. Ich bezahle also im voraus oder auf Rechnung und muss mich sonst um nicht viel kümmern.

Der Zoll hat dabei jederzeit das Recht, ein Paket zu öffnen, eine Beschau durchzuführen und Ware, die bestimmte Anforderungen nicht erfüllt, zu beschlagnahmen oder zu vernichten!
Das tut er auch regelmäßig. Also das Öffnen und Herumwühlen! Beschlagnahmt oder vernichtet hat der Zoll bei mir noch nie etwas, ich bestelle schließlich auch keinen Müll.
Zerstört oder beschädigt hat der Zoll bei mir allerdings bereits mehr als einmal etwas und erst in der letzten Woche kam hier ein spezieller elektronischer Schütz an, dessen Verpackung vom Hauptzollamt Frankfurt am Main aufgerissen und so liederlich wieder verschlossen wurde, dass die Halterung nach dem weiteren Transport massiv beschädigt wurde. Bisher habe ich solche Aktionen immer zähneknirschend hingenommen.

Zoll Kunstwerk! Viel Klebeband nützt nichts, wenn vorher mit einem Messer durch alle Lagen der Polsterung geschnitten wurde!

Zum Öffnen und Überprüfen der Pakete braucht der Zoll den Empfänger übrigens nicht und er braucht mich auch nicht zu fragen! Dass der Zoll darüber hinaus aber das Recht hat, den Empfänger einer Sendung zum Hauptzollamt seiner Wahl zu beordern, das war mir neu, aber es ist tatsächlich so. Steht eindeutig im entsprechenden Gesetz und ich muss zugeben, das schockiert mich.
Für so eine Vorladung braucht es auch offensichtlich keine Begründung! Zumindest wurde mir kein Grund mitgeteilt.

Es spielt dabei anscheinend auch keine Rolle, um welche Ware es sich handelt. Solange es sich um ein Paket aus einem Nicht-EU-Land handelt, hat der Zoll das Recht, jederzeit eine solche Zollbeschau anzuordnen und den Empfänger zu behandeln wie einen Sträfling, ihn durch die Republik zu jagen und auf eine Vorführung des Inhalts zu bestehen.

Meine Eltern haben mir mal erzählt, wie sie in der DDR zu den Verbrechern von der Stasi mussten, weil sie ein Paket aus dem Westen bekommen haben. Sie mussten das Paket vor den Augen der Vollzugsbeamten öffnen und alles vorführen. Alles wurde durchwühlt und es wurden Akten angelegt…

Zum Glück gibt es so etwas heute nicht mehr!

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