Jakobsweg – Tag 22

Tagesetappe: 35 Kilometer / Gesamtstrecke: 764 Kilometer

IMG_20151015_103320-1024x768Wir haben geschlafen, mehr schlecht, als recht, aber immerhin etwas geschlafen und sind heute morgen unheimlich schnell auf den Rädern. Denn es ist ungewohnt kalt an diesem Morgen. Nicht nur draussen, auch im Zimmer, denn gestern Abend ist der Strom im ganzen Haus ausgefallen. Heizung aus, Licht aus, kaltes Wasser, bis wir los sind. Dazu hatte das gemütliche, urige Zimmer nur Sichtschutzwände zu den Nachbarn und wir sind ein paar Mal vom Schnarchen geweckt worden. Hellhörig wäre untertrieben, du hattest das Gefühl, jemand liegt direkt neben dir.
Vor der Tür dann zum ersten Mal Mütze und Handschuhe angezogen und schnell warmradeln.
Es geht zunächst weg vom Jakobsweg in Richtung der Höhlen von Altamira. Jene berühmte Höhle aus der Steinzeit, mit ihren weltbekannten Malereien.
Die Höhle selbst ist seit langer Zeit für die Öffentlichkeit gesperrt, um die Malereien nicht weiter durch Ausdünstungen von Menschen zu beschädigen. Im Museum neben dem Höhleneingang wurde der Eingangsbereich allerdings originalgetreu nachgebildet und es werden Funde aus der Höhle ausgestellt.
Wir sind begeistert, hatten wir diesen Ort doch schon lange vor Beginn dieser Reise im Kopf. Und jetzt führt uns  der Jakobsweg fast auf direktem Weg hierhin. Wir lassen uns deshalb Zeit, alles in Ruhe anzuschauen und zu bestaunen.

IMG_20151015_111500-1024x768
Während wir so in die Schaukästen blicken, fragt jemand hinter uns auf Englisch: „Hallo, habt ihr nicht ein Segelboot?“
Wir drehen uns erstaunt um. Da steht eine junge Frau und fragt weiter, ob wir nicht vor einiger Zeit mit einem Segelboot in Royan im Hafen waren. Sie erinnert sich sogar an den Namen: Eos, aus Deutschland und dass sie uns den Tip mit dem Feuerwerk gegeben hat.
Die junge Frau hat während der Semesterferien im Hafenbüro in Royan gearbeitet und ist jetzt hier auf einer Studienreise. Wir sind ziemlich perplex und sie ist ganz erstaunt uns hier zu treffen. Als wir erzählen, dass Eos noch in Port Medoc liegt und wir mit Fahrrädern hierhin geradelt sind, ist sie und einige ihrer Kommilitonen total aus dem Häuschen.
Mal wieder ganz schön klein, die Welt auf dieser Reise.
Nachdem wir uns verabschiedet haben, ist die Zeit im Museum auch schon vorbei. Wir machen uns auf den Weg und fahren zurück zum Camino.
Unterwegs werden wir von einem Spanier überholt. Vor ein paar Tagen sind wir mit ihm zusammen mit der Fähre nach Santona gefahren. Er ist auch auf dem Weg nach Santiago de Compostela.
Die Strecke ist wieder sehr abwechslungsreich. Es geht oft am Meer entlang und Landschaften wie Desktophintergründe ziehen vorbei. Ich vermisse meine Spiegelreflexkamera wieder. Mit dem Smartphone gelingen immerhin ein paar Schnappschüsse und Sabrina macht mit ihrer kleinen Canon viele schöne Bilder.

Kurz vor San Vicente de la Barquera begegnet uns ein junger Mann aus der Tschechischen Republik. Er hat, ähnlich wie wir, einige Zelte abgebrochen. Job gekündigt und losgezogen. Wir gehen eine ganze Weile zusammen, entdecken Parallelen, kommen an die Stelle, an der die ersten Boote von San Vicente und der Hafen ins Blickfeld kommen und schauen uns alle drei lange die Szenerie an. Für uns immer wieder besondere Momente, für ihn offenbar auch. Und dann fragt Patrik:
„Seid ihr Segler?“
„Ja, du auch?“
„Ja!“
Dann wird schnell und viel erzählt. Er hat sich ziemlich günstig ein Segelboot in Schweden gekauft, eine Albin Vega und über die Ostsee an die polnische Küste überführt. Nächstes Jahr will er vielleicht damit in eine Richtung, die wir mit Eos auch eingeschlagen hatten.
Wir unterhalten uns noch eine Weile, tauschen Adressen aus, dann trennen sich unsere Wege auch schon wieder. Patrik will heute noch versuchen einen Bus zu einem anderen Jakobsweg zu bekommen und wir müssen noch eine Pension suchen.
Die Pension ist schnell gefunden, die Gedanken kreisen noch eine Weile hin und her. Was für ein Tag!
Selbst hier auf dem Jakobsweg, weit weg von Port Medoc und Royan lässt uns die Segelei kaum los. Begegnungen mit denen wir nie im Leben gerechnet hätten.

Kommentare sind geschlossen.