Jakobsweg – Tag 24

Tagesetappe: 52 Kilometer / Gesamtstrecke: 856 Kilometer

IMG_20151017_112513-1024x768Kurz nach dem wach werden erstmal ein Dämpfer. Sabrina bekommt den kleinen Finger nicht mehr gerade, jedenfalls nicht aus eigener Kraft. Sie kann ihn mit der anderen Hand zurück klappen und Schmerzen verursacht der Finger auch nicht. Trotzdem sind wir beide ziemlich erschrocken und etwas ratlos.
Knickt sie den Finger wieder ein, bleibt er wieder in dieser Stellung und lässt sich nicht zurück bewegen.
Eine Suche im Netz bringt dann etwas Licht ins Dunkel. Sabrina hat einen „Digitus Saltans“, einen sogenannten Schnappfinger, der durch Überbelastung der Sehnen entsteht. Es kommt dann zu Verengungen und der Finger kann nicht mehr aus eigener Kraft zurück bewegt werden. Viel machen kann man dagegen erstmal nicht, ausser schonen und gerade tapen.
Ich mache den Vorschlag, heute auch mal den Bus zu nehmen, da eine schwierige Etappe mit viel unwegsamem Gelände vor uns liegt, bei der Handgelenke und Finger ordentlich belastet werden. Aber Sabrina will nicht. Gerade auf diesen Abschnitt hat sie sich besonders gefreut.
Überreden kann ich sie auch nicht, also raus aus der Stadt und ab auf den Camino!
Nach einer Weile führt uns der Weg an einem alten, verlassenen Kloster vorbei. Die Szenerie könnte direkt einem Film entsprungen sein. Das Kloster freigestellt auf einer grünen Wiese, überwuchert von Pflanzen und daneben grast ein einzelnes schneeweißes Pferd. Traumhaft!
Nicht viel weiter kommen wir an eine natürliche Flussmündung. Auch hier wieder eine Kulisse, wie sie ein Künstler kaum besser hätte entwerfen können.
So geht das fast den ganzen Tag. Landschaften wie aus „Der Herr der Ringe“ reihen sich aneinander und begeistern uns.
Daneben reizt der Camino heute auch wieder mit sehr steilen und schmalen Pfaden, entlang der Küste. Aber wir kommen gut durch, müssen die Räder nur einmal über eine Hecke hieven und über einen Durchgang.
Ansonsten kommen wir kaum aus dem Staunen raus und treffen einen Pilger aus Estland. Zweimal können wir ihn einholen, am zweiten Tor zieht er aber endgültig an uns vorbei. Ja, auf schwierigen Pfaden ist man zu Fuß schneller unterwegs, als mit Fahrrädern.

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Irgendwann erreichen wir eine Stelle, die mir bekannt vorkommt. Ich habe den Ort schon einmal gesehen, auf einem Foto einer Freundin, die diesen Weg bereits gegangen ist. Wir bleiben eine ganze Weile hier und fragen uns, ob wir wohl auch ohne diese Freundin hierhin gekommen wären. Vermutlich nicht, denn wir hätten uns wahrscheinlich überhaupt nicht mit dem Jakobsweg beschäftigt.
Jetzt sind wir hier und es geht uns extrem gut dabei.

Abends kommen wir in La Isla an. Eigentlich hatten wir fest damit gerechnet hier eine Unterkunft zu finden, aber alles ist geschlossen. Nicht weit vor dem Ort finden wir dann doch noch ein Hotel und checken gleich für zwei Nächte ein. Nach 6 Tagen Dauerleistung ist mal wieder ein Ruhetag angebracht und wir müssen uns so langsam entscheiden.
Weiter auf dem Camino de la Costa oder über den Camino Primitivo nach Santiago de Compostela?
Der Küstenweg gefällt uns enorm. Er passt zu uns, bietet einige Herrausforderungen und oft gutes Wetter, auch jetzt im Herbst.
Der Primitivo, der Ursprüngliche, reizt uns. Er ist der älteste aller Jakobswege. Er führt von der Küste weg, über Oviedo, direkt ins Kantabrische Gebirge hinein. Viele Höhenmeter, schwierige Pässe bis 1100 Meter, Regen, Kälte, vielleicht auch Schnee. Dünn besiedelt von Menschen ist die Gegend, der iberische Wolf ist hier zu Hause und vereinzelt streifen auch Braunbären durch die Wälder.

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